Bist du schon fotogen oder wirst du es noch?

„Ich bin nicht fotogen“ – ein Satz, den Fotografen immer wieder zu hören bekommen, doch gibt es wirklich unfotogene Menschen? Ist das so etwas wie ein Gen, das einem fehlt oder liegt es gar an der Unfähigkeit des Fotografen?

Um nicht lange um den heißen Brei herum zu reden: Ja, Menschen wirken tatsächlich unterschiedlich vor der Kamera und nein, das hat nichts mit Schönheit zu tun. Der ein oder andere von euch hat bestimmt schon einmal „Germany`s next Topmodel“ (eine Castingshow des Senders Pro7) gesehen oder wurde von der Freundin dazu genötigt. Dort wimmelt es von hübschen Mädchen, die alle etwas an sich haben (ausgenommen von Speckröllchen natürlich). Trotz ihrem Aussehen, hagelt es für so manche Kandidatin viel Kritik bei den Fotoshootings. Woran liegts?

Zuerst einmal muss man wissen, was „fotogen“ eigentlich bedeutet. Dieses kleine Wörtchen bezeichnet umgangssprachlich Menschen, die vor der Kamera bzw. auf Fotos gut wirken. Doch ist das alles nur Zufall? Schon Albert Einstein soll einmal gesagt haben: „Gott würfelt nicht“, so gibt es auch in der Fotografie Faktoren, die die Bildwirkung positiv beieinflussen. Damit kann man zwar einen Mr. Bean nicht unbedingt in ein angesehenes Männermodel verwandeln, aber nur damit ist es erst möglich, eine Person von ihrer Schokoladenseite zu zeigen. Schon kleine Pose- oder Perspektivenwechsel reichen meist aus, um Personen oder Dinge vorteilhafter darzustellen und genau darum gehts. Menschen, die auf Bildern gut rüber kommen, wenden diese Grundregeln bewusst oder unbewusst an – also nein, es ist nicht alles nur Zufall. Das beste Beispiel dafür sind „Influencer“. Das sind Menschen wie du und ich, die es nur unheimlich gut verstehen, sich perfekt in Szene zu setzen.


Das beste Mittel, um vor der Kamera sympathisch und authentisch zu wirken, ist Wohlbefinden (und gutes Licht).


Damit auch deine Selfie`s oder Schnappschüsse von Freunden und Familie gleich deutlich besser wirken, gibts hier meine Top 5 Empfehlungen für gelungene Portraits:

  1. LICHT:
    Wie man am Titelbild unschwer erkennen kann, ist die Wahl des richtigen Lichts von entscheidender Bedeutung. Dabei geht es nicht darum, immer ein „Rembrandt Licht“ suchen oder erzeugen zu müssen, sondern darum, das beste aus der vorhandenen (Licht)Situation herauszuholen. Hartes Licht sorgt für harte Kontraste und betont gnadenlos alle Unebenheiten. Weiches Licht hingegen, etwa bei Schatten oder mithilfe eines Diffusors, sorgt für eine gleichmäßige Ausleuchtung und sanfte Konturen – das schmeichelt jedem Gesicht. Ganz schwierig wird es bei hartem Licht von oben (z.B. bei Mittagssonne) oder bei Gegenlicht. Natürlich gibt es Situationen, in denen man genau diese Lichtstimmung haben möchte, so wirken Babybauchbilder oder Männerportraits durch hohe Kontraste besonders spannend, allerdings benötigt man dafür schon etwas Übung.

  2. AUSDRUCK & POSE:
    Da gibt es etwas, das nennt sich Körpersprache – ein Sammelsurium aus Körperhaltung, Gestik, Mimik, Wohlbefinden uvm. Wer den Kopf hängen lässt wirkt traurig, wer sich zwingt zu lächeln, wirkt aufgesetzt usw. Das beste Mittel, um vor der Kamera sympathisch und authentisch zu wirken, ist Wohlbefinden und Selbstsicherheit (abgesehen von gutem Licht). Genau das haben Influencer! Sie lieben was sie tun, es macht ihnen Spaß und das sieht man auf den Bildern. Darum zieh dir etwas an, worin du dich wohl fühlst, mach dich zurecht und such dir ein ruhiges Plätzchen, wo du ungestört bist. Bei Kindern funktionieren Portraits am besten, wenn sie spielerisch entstehen, zB beim Waldspaziergang oder an einem ruhigen Fischersee. Die Fotos werden zur Nebensache und wirken dadurch besonders authentisch.

    Posetechnisch empfiehlt es sich, den Körper inkl. Kopf leicht einzudrehen und ein Bein anzuwinkeln. Die Schultern zurück nehmen, das Kinn leicht anheben, den Mund etwas öffnen, ein freundliches Lächeln darf nicht fehlen, die Augen bewusst öffnen, Körperspannung halten und dabei im Gesicht entspannt bleiben – total easy oder? In der Theorie mag das ja alles stimmen, aber für den privaten Bereich empfehle ich, es nicht zu übertreiben. Bleibt locker und denkt an etwas schönes. Als Fotograf eines Paarshootings hilft es z.B. das Paar zu fragen, wie sie sich kennengelernt haben, wer den ersten Schritt gemacht hat, den ersten Kuss – da kommt das Lächeln von ganz alleine.

    Was die Arme angeht, kannst du alles damit ausprobieren, außgenommen sie lieblos hängen zu lassen. Versuch doch mal dir eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu wischen, das Kinn leicht zu berühren, mit der Brille zu spielen. Du kannst sie an die Hüfte legen, in die Gesäßtasche stecken, etwas halten oder dich an die Wand lehnen. Arme und Beine sind keine lästigen Überbleibsel, sondern können wunderbar als Gestaltungsmittel eingesetzt werden.
  3. HINTERGRUND:
    So manch ein Foto-Fauxpas ist einem nichtbeachteten Hintergrund geschuldet. Für Einsteiger gilt daher der Leitspruch „weniger ist mehr“. Zu viele Informationen wirken unruhig oder lenken die Aufmerksamkeit weg vom eigentlichen Hauptmotiv hin zum schmutzigen Geschirr im Hintergrund (googelt mal bitte „peinliche Selfies“ – ihr werdet überrascht sein).
  4. SCHÄRFE:
    Fotografen haben gerne den Ruf von freiheitsliebenden Rockstars. Nichts desto trotz gibt es auch in der Fotografie Regeln, an die wir uns halten (oder ganz bewusst brechen) und das mit gutem Grund: sie helfen uns, Bilder hochwertiger und spannender wirken zu lassen. Eine Grundregel bei klassischen Portraitaufnahmen ist, dass die Augen scharf dargestellt sein müssen (genauer genommen das zum Betrachter nächstgelegene Auge). Mit den früheren Fotoapparaten gab es dieses Problem praktisch nicht, da das gesamte Bild von vorne bis hinten scharf (oder verwackelt) abgebildet wurde. Heute verfügen jedoch schon die meisten Handys über Kameras, mit denen Tiefenschärfe erzeugt werden kann – eines der wunderbarsten Gestaltungsmittel. Dadurch wird der Hintergrund unscharf abgebildet und auf das reduziert was er ist, eine hübsche Nebensache. Das wesentliche Bildelement hingegen, in diesem Fall die portraitierte Person, wird scharf dargestellt und damit in den Fokus gerückt.
  5. BILDKOMPOSITION & AUSSCHNITT:
    Ganz klassisch ist es, die portraitierte Person immer genau in der Mitte des Bildes anzusiedeln und rundherum (zu) viel Platz zu lassen – auf Dauer etwas langweilig. Hier hilft die „Drittelregel“ ungemein. Versuch doch mal, die Person ins linke oder rechte Drittel des Bildes zu setzen, je nach Blickrichtung, Hintergrund oder anderen Bildelementen. Das selbe gilt für den Horizont. Linien, egal welcher Art, sollten im Idealfall gerade ausgerichtet sein. Experimente mit Schrägen oder was auch immer sind natürlich eine willkommene Abwechslung, diese sollten aber ganz bewusst und eindeutig eingesetzt werden, nicht versehentlich oder halbherzig. Zum Ausschnitt sei noch kurz und knapp gesagt: Unwesentliches weglassen und nach Möglichkeit nicht durch Gliedmaßen oder Gelenke schneiden.

FAZIT: Gute Laune, gutes Licht und etwas Experimentierfreudigkeit sind die einfachsten und gleichzeitig effektivsten Mittel, um bessere Bilder von dir oder deinen Liebsten zu machen. Wer zudem noch ein paar Grundregeln und Tricks der Fotografie beherzigt, wird bestimmt auch einen spürbaren Unterschied in der Qualität seiner Bilder erleben.

Es ist also wie immer ein Zusammenspiel von Model und Fotograf, was ein gelungenes Bild (bzw. eine fotogen wirkende Person) ausmacht und wieder eine Bestätigung dafür, dass die Chemie und das Wohlbefinden allesentscheiden sind. Da bekommt man doch gleich Lust, ein paar schöne Fotos zu machen, nicht wahr?


Was du nie zu einem Fotografen sagen solltest

Es gibt Aussagen, die auf den ersten Blick oder besser gesagt auf den ersten Klang, ganz unscheinbar wirken, aber bei genauerer Analyse fatal enden können.

Frauen kennen dieses Problem. Sag einem Frisör, am besten noch einem, der dich nicht kennt: „Schneid soviel ab, wie du meinst“, dann hat der Frisörbesuch mehr mit einem Lottospiel gemein als du denkst. Vielleicht fallen nur die Spitzen, vielleicht siehst du am Ende des Tages aber aus wie Sinead O’Connor in ihrem Video zu „Nothing compares to you“. Und das schlimmste daran: Der Frisör kann nicht einmal etwas dafür, er tat schließlich nur, was du ihm gesagt hast.

Auch Fotografen kennen sie nur zu gut. Ich nenne sie liebevoll „ANNA`s“, was für „allgemein nicht nützliche Aussagen“ steht. Die beliebtesten hier zur Veranschaulichung:

„Ich brauche nur schnell..“
Schnell.. fährt Valentino Rossi in der Moto GP. Fotografieren sollte man nach Möglichkeit ohne Zeitdruck. Zudem sieht der Kunde meist nur die Spitze des Eisberges. Was für den Fotografen davor oder danach noch an Arbeit anfällt, wird – schnell – vergessen.

„Nur ein Foto“
Merke: Für den Fotografen ist es niemals nur ein Foto und der Aufwand für E-Mail-Verkehr, Vorbereitung, Erstgespräch, Bildidee, Setauswahl/-aufbau, ggf. Anfahrt uvm. ist für den Fotografen nahezu gleich hoch, unabhängig der Fotoanzahl.

„Mir gefällt alles“.
Zugegegeben, als Laie tut man sich manchmal schwer zu sagen, was einem eigentlich genau gefällt und was nicht, außerdem mögen es Fotografen ja auch, bei ihrer Arbeit etwas Spielraum zu bekommen. Doch umso klarer der Kunde seine Wünsche mitteilt, umso eher werden seine Erwartungen erfüllt. Gerade bei wichtigen, nicht wiederholbaren Anlässen wie einer Hochzeit, ist Kommunikation daher immens wichtig.

„Es muss nichts besonderes sein“.
Natürlich muss es besonders sein, ansonsten könnte man gleich sein Handy dem nächstbesten Passanten in die Hand drücken und ihn um einen Schnappschuss bitten. Zudem haben vermutlich die wenigsten Fotografen einen Knopf auf dem steht: „Heute nur halbe Leistung“.

„Genau wie auf diesem Foto“.
Beispielbilder sind eine tolle Sache. Dadurch kann sich der Fotograf eine Vorstellung davon machen, was dir gefällt und was nicht, auch ohne, dass du es klar benennen kannst. Allerdings dienen Beispielbilder nur der Orientierung. Jeder Fotograf hat seinen eigenen Stil, außerdem wirkt jede Person anders, selbst bei den gleichen Bedingungen – daher bitte nicht zu sehr auf eine Vorlage versteifen.

„Du bist doch Fotograf.. ich brauche ein Foto von meinem Hund“.
Fotograf ist nicht gleich Fotograf. So wie auch Lehrer, Ärzte oder Anwälte ihre Fachgebiete haben, so spezialisieren sich auch die allermeisten Fotografen irgendwann auf einen oder ein paar wenige Bereiche, die ihnen besonders liegen.

Was dem Fotografen hingegen weiterhilft, sind Informationen, die er ohne deine Mithilfe nicht wissen kann. Magst du z.B. Detailaufnahmen, extravagante Perspektiven oder gefällt dir viel Kulisse ums Geschehen herum? Magst du es romantisch oder hälst du es lieber schlicht? Gibt es etwas, das dich an dir selbst stört (was anderen womöglich gar nicht auffällt) oder hast du bspw. Bedenken wegen einer kleinen Narbe? Sprich all diese Dinge offen an. Vieles kann der Fotograf bereits bei der Bildaufnahme berücksichtigen, andere Kleinigkeiten können ggf. mit Bildbearbeitungsprogrammen angepasst werden.

Kommunikation ist also der Schlüssel zum Erfolg. Man muss nur sagen was man haben möchte und bekommt es dann auch? Leider ist es in der Praxis nicht immer ganz so einfach..

Auch ich war mal jung und zum ersten Mal bei einem Fotografen. Schüchtern zeigte ich ihm 2-3 Beispielbilder. Wir haben gelernt, Beispielbilder sind eine gute Sache – das Problem war nur, dass die Bilder absolut nicht zu mir passten. Es waren schwarz-weiß-Aufnahmen mit sehr harten Kontrasten, harten Posen und hartem Ausdruck. Außerdem handelte es sich um Models. Models, die einen schätzungsweise 2-stündigen Visagisten- und Frisörmarathon hinter sich hatten und die vor Selbstbewusstsein nur so strotzen. Ich äh, war kein Model. Ich war mit 16 eher so das normale 08/15-Mädchen. Gestrotzt habe ich höchstens vor Unbeholfenheit und eine „VISA“ war für mich eine Plastikkarte. Das Resultat: Ich fühlte mich während des gesamten Shootings über unwohl und die Bilder wirkten am Ende, naja.. eben nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte.

Genau aus diesem Grund ist es so wichtig, dass die Chemie zwischen euch stimmt. Such dir also einen Fotografen, dessen Bilder dir gefallen. Ein professioneller Fotograf verfügt über ein Portfolio, d.h. eine Sammlung mit einigen seiner Bilder. Such dir aber vor allem einen Fotografen, bei dem du dich wohl fühlst! Scheue dich nicht ihm deine Wünsche, Erwartungen oder Bedenken mitzuteilen. Lerne ihn vorab persönlich kennen, zumindest bei wichtigen Anlässen. Er muss sich Zeit für dich nehmen – vor, während und nach dem Auftrag. Durch eine ungezwungene Atmosphäre wirst du dich sicher fühlen und eine allenfalls vorhandene Kamerascheu schnell ablegen (mehr Tipps, wie man mit wenig Aufwand bessere Fotos machen kann, gibts in meinem nächsten Beitrag).

Mein Fazit: Ein guter Fotograf möchte nicht nur gute Fotos machen, sondern vor allem seine Kunden zufrieden stellen, und du kannst ihm aktiv dabei helfen. Hast du spontane Ideen, setzt sie der Fotograf bestimmt gerne um. Umgekehrt kann es mal vorkommen, dass eine Pose nicht so wirkt wie gedacht. Dann sollte man offen für Neues sein – du bist schließlich kein Beispielbild, sondern einzigartig!